Gensungen – Wäre ein Handballspiel ein Film, würde er wohl unter die Kategorie „Krimi“ oder „Thriller“ fallen. Auch wegen einer ihm eigenen, ganz besonderen Dramaturgie. Vergleichbar mit einer Waage, die sich im Zeitlupentempo von einer Seite auf die andere neigt, dabei in der Waagerechten lange verharrt und so die Betrachter in Atem hält. Eine zähe Aufholjagd, die nach fast aussichtslosem Beginn und hartem Kampf in einen unerwartet klaren Sieg mündet. Wie der 36:29 (18:19)-Erfolg der ESG Gensungen/Felsberg im Verfolgerduell der Handball-Oberliga gegen die TSG Groß Bieberau, der ob des kapitalen Fehlstarts der Gastgeber von diesem und seinen Fans umso ausgelassener gefeiert wurde.
Etwa von Frank Eidam: „Ein Sieg der Einstellung und der Leidenschaft.“ Die hatte der ESG-Trainer nach einem 1:6-Rückstand (9.) in einer frühen Auszeit selbst geweckt. Mit der Einwechslung von Jan Magnus Berninger. „Ich freue mich, wenn ich der Mannschaft einen Impuls geben konnte“, erklärte der Deckungsspezialist. Der „Impuls“ bestand einerseits darin, dass der Ex-Vellmarer mit seiner Emotionalität („Ein Automatismus“) bei der Arbeit gegen den Ball bzw. den gegnerischen Angreifer seine Nebenleute ansteckte. Andererseits in seiner Doppelrolle im 6:0-Verband, Mittelmann Hübscher zu pressen und Torjäger Weit nicht aus den Augen zu lassen. Der Ritterschlag von TSG-Coach Björn Beilstein beantwortete die Frage, ob ihm das gelang: „Berningers Einwechslung hat der Gensunger Abwehr neue Motivation beschert und uns aus dem Konzept gebracht.“
Nach und nach und immer mehr. Zwar bekam die Edertaler Defensive Kreisläufer Lubar weiterhin nicht so recht in den Griff und Robin Hübscher konnte einige Malle auf Linksaußen erfolgversprechend ausweichen, doch die Ballgewinne dank des erhöhten Einsatzes häuften sich und die Tempogegenstöße saßen. Zudem hielt ein alle überragender Vince Schmidt als Lenker und Vollender seine Mannschaft im Spiel. Extrem wichtig: Sein elftes Tor Sekunden vor dem Halbzeit, als er gleich drei Abwehrspieler mit einer ungeheuren Willensleistung abschüttelte.
Auch das ein Signal. Diesmal an die eigene Offensive, nach dem Wechsel die Aufholjagd zu vollenden. Das gelang Maximilian Lippold in der 37. Minute mit dem Ausgleich zum 22:22. Unwiderstehlich per zweiter Welle, spielfreudig wie lange nicht mehr. „Wir sind über den Kampf ins Spiel gekommen und dann hat es richtig Spaß gemacht“, strahlte auch der treffsichere Linksaußen.
Als Berningers Nebenmann profitierte er besonders von dessen durchaus dosierter Zermürbungsarbeit, klaute Robin Büttner einige Bälle und war im Umschaltspiel immer einer der ersten Gensunger vor dem Tor des schließlich machtlosen Julius Gehring.
Trotzdem. Geschlagen waren die Südhessen noch nicht. blieben bis zum 26:25 (42.) dran, ehe ein 5:0-Lauf der ESG ihnen endgültig den Garaus machte. Auch dank des zurückgewechselten Lukas Voß. Der hielt kurz vor Schluss sogar einen Siebenmeter von Dennis Weit (58.), nachdem er in der Anfangsphase bis zu seiner Auswechslung (20.) gerade mal einen Ball parieren konnte. Aber da war ja auch der Gegner obenauf. Und die Waage diesem noch zugeneigt.
ESG: Voß (10 Paraden/16 Gegentore), Ullrich (4/13); Iffert 4, Sonnenschein, Pickenhahn, Bitter 1, Schmidt 14/3, Jedinak, Otto 2/1, Lippold 8, Potzkai, Kothe 4, Berninger 1, Friedrich 2.
TSG: Gehrung (11/27), Ivankovic (18.-27., 2/9); J. Kunzendorf 1, Büttner 5/2, Günther, Lubar 4, K. Kunzendorf 1, Hübscher 6/1, Berres, Nehrdich, Becker 4, Keller 1, Weit 7.
SR: Bechthold/Lambmann.
Siebenmeter: 4/4:4/3.
Zeitstrafen: 8:10-Min. – Z.: 300.
Quelle: HNA Homepage