Vom Hexenkessel zur Trauerhalle: Für diese Verwandlung der „Hölle Nord“ bedurfte es ganze zehn Minuten. Dann waren rhythmisches Klatschen und lautstarke, kollektive Anfeuerung in der Heimstätte der ESG Gensungen/Flesberg einer eigenartigen Stille gewichen. Was war geschehen? Der heimische Handball-Drittligist hatte gegen GWD Minden II ein Spiel auf der Zielgeraden aus der Hand gegeben und damit für Entsetzen auf der Tribüne gesorgt.
Gensungen – Denn: Nach der 27:29 (12:14)-Niederlage sind die Edertaler am letzten Spieltag der Abstiegsrunde, ein eigener Sieg bei der DHK Flensborg vorausgesetzt, von Mindener Schützenhilfe (gegen HSG Eider Harde) abhängig.
Dieser schmerzhaften Erkenntnis zum Trotz schüttelten die Fans ihre Starre ab und spendenten ihren Helden, die wie begossene Pudel verloren am Mittelkreis standen, dann doch noch den gewohnten Applaus. Weniger aus Anerkennung denn um Trost zu spenden, denn natürlich wussten die traurigen Spieler, was sie da verbockt hatten.
„Wir waren nicht konsequent genug“, sagte Rechtsaußen Schalles und meinte insbesondere die „verflixte Schlussphase“, in der seine Mannschaft auch schon im letzten Heimspiel gewackelt hatte. Nach seinem verwandelten Siebenmeter zum 22:21 (50.) ging (fast nichts) mehr. Im Positionsangriff scheiterten Kothe, Wachs und Co. reihenweise am starken GWD-Torhüter Grabitz, während die Jungspunde aus Ostwestfalen ihren Stiefel eiskalt runter spielten. Besonders Rückraumspieler Alexej Demerza, der, allerdings auch von der ESG-Abwehr ziemlich unbehelligt, traf, wie er wollte.
Ein „Bruch“, den sich selbst Gensungens Trainer Arnd Kauffeld, der kurzfristig auf Vince Schmitt (umgeknickt) verzichten musste, nicht erklären konnte. Blieben nur die allzu offensichtlichen Fakten: „Wir waren nicht abgezockt genug.“
Was sich wie ein roter Faden fast durch das gesamte Spiel zog. Passabel gestartet – 4:1 nach fünf Minuten – gelang es den Edertalern trotzdem nicht, ihre Verkrampfung abzulegen. Die Folge: viele technische Fehler im eigenen Aufbauspiel – eine Einladung an Mindens Bundesliga-Reserve, die Jagd auf den einen, noch nötigen Punkt zum Klassenerhalt zu eröffnen. „Nach zehn Minuten waren wir da und hatten das nötige Timing im Zweikampf“, beschrieb GWD-Trainer Schäpsmeier das Erwachen seiner Mannschaft.
Nach Grubers Tor zum 7:5 und Überzahl (15.) hatten die Gastgeber zum letzten Mal die Chance, die Mindener auf Abstand zu halten. Und ließen sie ungenutzt. Als den Aufsteiger dann auch noch eine kaum nachvollziehbare Zeitstrafenflut der Referees traf, war‘s um die nervliche Contenance geschehen, drehte sich das Spiel.
Beim 12:16 (34.) schien‘s zum ersten Mal weg zu sein, doch Gensungen kam zurück. Der eingewechselte Lukas Voß nahm dem GWD-Nachwuchs einige freie Würfe weg, für Minuten taute Linkshänder Jannis Kothe auf und in der 6:0-Deckung rührten Koch/Prieto im Mittelblock Beton an. Und die Halle war längst „da“. Ein kurzes Vergnügen. Abgelöst von einer Gefahr, die immer näher rückt: der Abstieg in die Oberliga.
Quelle: HNA Homepage