Als Hoffnungsträger und verlorener Sohn 2014 ins Edertal zurück gekehrt, hat der langjährige Kreisläufer der ESG Gensungen/Felsberg seine Mission als Trainer in diesem Jahr erfüllt: die Meisterschaft in der Handball-Oberliga und der damit verbundene Aufstieg in die 3. Liga.
Der steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch den Deutschen Handballbund. Im HNA-Interview beschreibt Arnd Kauffeld den steinigen Weg in die Rückkehr der Drittklassigkeit.
Arnd Kauffeld, in der sechsten Saison mit Ihnen als Cheftrainer hat die ESG Gensungen/Felsberg die ersehnte Rückkehr in die 3. Liga geschafft. Warum hat‘s so lange gedauert?
Die Erwartungen bei meinem Amtsantritt waren in der Tat hoch, doch die entsprachen nicht dem Leistungsstand der Mannschaft. Sie musste aufpassen, nach dem Abstieg aus der 3. Liga nicht nach unten durchgereicht zu werden. Leistungsträger waren gegangen, die Spieler hatten nicht das nötige Selbstvertrauen: Und die Struktur in der Mannschaft stimmte nicht.
Viel Aufbauarbeit also?
Ja, es gab einige Baustellen und brauchte einfach Zeit, eine erfolgsfähige Mannschaft zu entwickeln. Ich bin als Trainer kein Feuerwehrmann, sondern einer, der eher perspektivisch arbeitet. Für kurzfristigen Erfolg muss man viele Kompromisse eingehen, die für nachhaltigen Erfolg eher schädlich sind.
Welche Bedeutung hat der Aufstieg für Sie als Ur-Gensunger, an dessen Rückkehr 2014 durchaus entsprechende Hoffnungen geknüpft waren, zumal Sie zuvor Eintracht Baunatal nach oben gebracht hatten? Erleichtert?
Ja, ich bin ziemlich erleichtert. Die ersten Jahre, die zur Stabilisierung dienten, waren nicht einfach. Die letzten zwei habe ich gemerkt, dass da etwas geht, ohne natürlich von einem Durchmarsch zu träumen.
Warum hat‘s gerade in dieser Saison geklappt? Schließlich stand da fast die gleiche Mannschaft auf dem Feld, die eine Spielzeit zuvor Dritter geworden war?
Es gab schwierige Momente in der Saison 2018/19, deren Aufarbeitung uns in dieser Saison nun geholfen hat, den nächsten Schritt zu machen. Wir sind physisch stärker geworden. Die Basis war gelegt, so dass ich an Kleinigkeiten arbeiten konnte, die spielentscheidend sein können.
Welche?
Die Umstellung von Heinrich Wachs, obwohl er in der letzten Saison Torschützenkönig war, auf die Mitte hat uns geholfen. Auch die punktuellen Änderungen in der 6:0-Deckung – Franco Rossel in den Mittelblock und Maik Gerhold auf halb – waren ein Gewinn für unser Spiel.
Die Mannschaft hat besonders in der Ferne geglänzt, von neun Spielen die ersten acht gewonnen. Woher kommt diese enorme Auswärtsstärke?
Die Mannschaft wollte aufsteigen und wusste, dass sie sich dazu auswärts steigern musste. Damit haben wir bereits in der Rückrunde der letzten Saison begonnen. Und in dieser das Bewusstsein geschärft, Auswärtsspiele nicht als Last, sondern als Lust bzw. als Chance anzunehmen. Dabei hat uns auch die enorme Unterstützung unserer Fans geholfen.
Gab‘s einen Moment oder einen Sieg mit „Aha-Effekt“, wo es dann bei Ihnen auch klick gemacht hat?
Klar, unser 34:22-Sieg in Bürgel. Dabei haben wir mit einer Wahnsinnswucht und Mega-Dynamik unseren ärgsten Verfolger in der zweiten Halbzeit überrollt. Von da an habe ich an den Aufstieg geglaubt.
Als es in der Rückrunde aufgrund von Verletzungen plötzlich personell eng wurde, konnten sie auf zwei „Altgediente“ zurück greifen. Was hat die kurzfristige Rückkehr von Stephan Untermann und Jan-Hendrik Walther bewirkt?
Stephan Untermann war gegen Münster auch ein spielerischer Faktor. Er hat uns in einer kritischen Phase des Spiels enorm geholfen. Der größere Faktor aber war das Signal an die Mannschaft, dass Spieler, die vor Jahren für Gensungen gespielt haben und deren Karriere längst abgeschlossen war, sofort bereit waren einzuspringen. Da wurde der Mannschaft bewusst, dass ein ganzer Verein mitsamt seiner Geschichte hinter ihr steht und mit ihr fiebert. Und dass sie dieses einzigartige Momentum nutzen muss.
Trotzdem hat diese Situation offenbart, dass Sie für die 3. Liga personell nachlegen müssen. Mit Jona Gruber von der MT steht der erste Neuzugang bereits fest. Sind weitere in Arbeit?
Wir suchen nach wie vor einen Linkshänder für Rechtsaußen. Und bauen ansonsten weiter auf den Meister-Kader, der uns erhalten bleibt.
Wie lässt sich in Corona-Zeiten mit den entsprechenden Einschränkungen im öffentlichen Leben überhaupt für die nächste Saison planen? Wie geht es bei der ESG weiter?
Diese Woche haben wir Pause und warten natürlich sehnsüchtig darauf, dass uns der DHB in der 3. Liga aufnimmt. Ich versuche gerade mich im Bereich der individuellen Vorbereitung im Freien einzulesen und dazu Ideen zu entwickeln. Mal sehen, welche Art sportlicher Home Office ich da meinen Spielern an die Hand geben kann.
Von Ralf Ohm (HNA)