Robert Gherhard war einer der besten Handballer der Region. Zuletzt arbeitete der 53-Jährige als Security-Mann im Kasseler City-Point. Nun wagt er einen Neuanfang mit einer Gaststätte im Grünen.
Wenige Tage vor seinem 53. Geburtstag trägt Robert Gherhard das Handball-Trikot, das ihn in der Region berühmt gemacht hat. Von 1993 bis 2004 war der rumänische Nationalspieler Torjäger der HSG Gensungen/Felsberg. Die Spielstätte des Zweitligisten war so gefürchtet, dass die Gegner sie „Hölle Nord“ nannten. Selbst die MT Melsungen verlor hier oft. Und am meisten Angst hatten alle vor Gherhard.
Als er die HSG verließ, entschied der Verein, seine Nummer 13 nicht mehr zu vergeben – ähnlich wie es der SSC Neapel bei Fußball-Ikone Diego Maradona gemacht hatte.
Und nun sitzt der einstige Handball-Star im Handball-Hemd mit der magischen Zahl im Gasthaus Glitzerburg, das sein neues Zuhause ist. Vor einigen Wochen ist er mit seiner zweiten Frau Ionela in die zum Kleingartenverein Hegelsberg gehörende Gaststätte gezogen. Seitdem haben die beiden „wie Tiere gearbeitet“, sagt Gherhard, um das Gasthaus nach einem Jahr Leerstand an Fronleichnam wiederzueröffnen.
„Ich habe ein paar Fehler in meinem Leben gemacht“, sagt der gelernte Textilkaufmann. Bei der Glitzerburg hat er indes das Gefühl, alles richtig zu machen. Er hat sich sofort verliebt in das in die Jahre gekommene Haus mit dem schönen Ausblick über den Stadtteil Philippinenhof-Warteberg. Seine Frau und ein Koch werden für gutbürgerliches deutsches Essen sorgen, Sohn Cristian (29), der zuletzt die Szene-Kneipe „Beiunz“ in der Wilhelmshöher Allee betrieb, unterstützt die Familie. Die Buchungen für Geburtstage und andere Feiern laufen gut, versichert Gherhard.
Fragt man ihn, ob er Erfahrung in der Gastronomie hat, sagt er: „Ich war in meinem Leben in so vielen Kneipen. Jetzt habe ich die Seiten gewechselt.“ Und dann lacht er ein Lachen, das nach vielen durchfeierten Nächten klingt.
Sein Körper ist geschunden vom Leistungssport. Jahrelang spielte er mit zwei kaputten Kreuzbändern, ein Finger ist krumm, an manchen Tagen tut ihm nach dem Aufstehen alles weh.
Nach seiner aktiven Karriere arbeitete Gherhard in seiner Heimat als Privattrainer für einen der reichsten Unternehmer Rumäniens. Vor drei Jahren kehrte er nach Nordhessen zurück: „Ich hatte Sehnsucht nach meinem Sohn.“ Er jobbte als Security-Mann im City-Point und war Trainer beim Bezirksoberligisten ESG Datterode/Röhrda, wo er am Saisonende aufhörte.
Manchmal überlegt er, wie sein Leben anders hätte verlaufen können. Als Jugendlicher war er eines der größten Tennis-Talente seines Landes. Stattdessen wurde er Handball-Profi. 1992 stand er kurz vor dem Sprung zum spanischen Spitzen-Klub Atletico Madrid. Der Wechsel platzte und Gherhard landete erst bei Göttingen 05 und dann in Gensungen. Als es sich herumgesprochen hatte, wie er die Gegner in der „Hölle Nord“ zur Verzweiflung brachte, gab es mehrere Anfragen aus der 1. Liga. Doch der Meister blieb.
„Ich habe in meinem Leben viel Geld verloren“, gesteht Gherhard, der sein Glück nun in der Kleingartenanlage gefunden hat: „Ein Familienbetrieb, das war immer mein Traum.“
Seine Frau und er werden nun rund um die Uhr für die Gäste da sein, anfangs wohl auch am Montag, der eigentlich Ruhetag sein soll. Wird er es aushalten können in der Glitzerburg so ganz ohne Handball? Gherhard hat die Hoffnung bislang nicht aufgegeben, bald wieder einen Verein zu trainieren: „Ich bin noch zu haben.“
Kontakt: Gasthaus Glitzerburg, Schwarzer Stein 50. Telefon: 0561/891432. Geöffnet täglich außer montags von 12 bis 22 Uhr.
Quelle: HNA online